Die Neuentwicklung des Henschelgeländes in Rothenditmold ist derzeit eines der größten Quartiersprojekt der Stadt Kassel. Fragen und Antworten rund um das Projekt.
Kassel – Derzeit läuft der Städtebauliche Wettbewerb für das zehn Hektar große Areal im Stadtteil Rothenditmold. Jetzt wurde im Ortsbeirat von der Stadt Kassel erstmals der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan vorgestellt.
Was gibt es Neues zum Stand des Städtebaulichen Wettbewerbs für das Henschelgelände?
Im August endete die erste Runde des vom Investor ausgeschriebenen Städtebaulichen Wettbewerbs. Sieben internationale Architekturbüros hatten ihre städtebaulichen Entwürfe anonym eingereicht. Das Gremium stimmte einstimmig für zwei dieser Entwürfe, die in der zweiten Runde des Wettbewerbs überarbeitet und konkretisiert werden. Im Oktober wird in einer zweiten Sitzung des Fachgremiums über den finalen Siegerentwurf für die städtebauliche Entwicklung des Areals entschieden. Mit einer Vorstellung der Ergebnisse sei voraussichtlich erst 2025 zu rechnen, hieß es im Ortsbeirat. Auch Markus Vogel vom Büro Dr. Vogel in Berlin bestätigte das auf Anfrage. Man habe aber vor, damit zeitnah nach Abschluss des Wettbewerbes in die Öffentlichkeit zu gehen. Das könne noch Ende 2024 oder dann Anfang 2025 sein. Das Büro ist vom Investor Sector Seven mit der Entwicklung des Quartiers beauftragt worden.
Waren nicht bereits im September 2022 erste Pläne des Investors Sector Seven vorgestellt worden?
Ja, das stimmt. Allerdings wurden die Planungen vom Eigentümer zurückgezogen. „Wir haben festgestellt, dass unsere Vision der Nutzung so nicht ganz zu Kassel passt“, sagt Markus Vogel. Um diese zu spezifizieren, habe man das Workshopverfahren durchgeführt. Auch um mit Bürgern und Mietern des Geländes ins Gespräch zu kommen. Zudem hätte sich die Nachfrage nach bestimmten Flächen geändert. Nach wie vor würden in den Plänen des Investors Flächen für kostengünstiges Wohnen vorgehalten. Allerdings mache aktuell auch aufgrund der hohen Baupreise eine stärkere Gewerbenutzung Sinn. Was aber keinesfalls bedeute, dass die Planung der Wohnbebauung nicht umgesetzt werde. Nur eben sehr wahrscheinlich erst in einigen Jahren, so Vogel.
Wie sehen jetzt die Abläufe nach dem Neustart des Projektes aus?
In Abstimmung mit der Stadt Kassel gab es 2023 ein Workshopverfahren zur Ideenfindung, was auf dem Henschelareal entstehen kann und soll, erläutert Heiko Büscher, kommissarischer Leiter des Stadtplanungsamtes dem Ortsbeirat. Ziel sollte es laut des Investors Sector Seven sein, in Dialog mit Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Bürgern zu treten und Ideen zu entwickeln. Unter anderem daraus ist dann die Vorgabe für den Städtebaulichen Wettbewerb entstanden. Der weitere Verlauf sieht dann das Bebauungsplanverfahren der Stadt Kassel vor, bevor nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung Ende des Jahres die Realisierung des Investors irgendwann beginnen kann.
Wie war die Stimmung im Ortsbeirat?
Der eine oder andere hatte sich womöglich schon einen Einblick in den Architektenwettbewerb erhofft. Ergebnisse daraus dürfen aber erst nach Abschluss bekannt gegeben werden. Heiko Büscher vom Stadtplanungsamt der Stadt Kassel musste mitunter mehrfach erklären, dass er eben nur zum Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplanes etwas sagen könne. Bisher war das Gebiet des Henschelareals als Gewerbliche Baufläche dargestellt, einen rechtskräftigen Bebauungsplan hatte es bisher aber nicht gegeben, heißt es in dem Aufstellungsbeschluss der Stadt Kassel. Ziel sei es, die historische Identität des Areals mit bestehenden und zukünftigen Nutzungen für lokales Gewerbe und Produktion in Einklang zu bringen. Durch das Planungsrecht würde ein Nutzungsschwerpunkt für Gewerbe, aber auch Wohnraum und kulturelle Angebote geschaffen, so Heiko Büscher.
Gab es daran Kritik?
Insgesamt zeige sich in Aufstellungsbeschluss und Planungen des Investors, dass womöglich Kultur und auch Wohnen einen geringeren Stellenwert bekommen als ursprünglich mal angedacht, fasste Ortsvorsteher Hans Roth die Einschätzung einiger Ortsbeiratsmitglieder und auch Besucher der Sitzung zusammen. Mitglieder und Mitarbeiter von Technik- und Henschelmuseum und vom Skateverein Mr. Wilson, die auf dem Henschelgelände ansässig sind, äußerten Bedenken, ob auch zukünftig ausreichend Flächen für die Museen und die Skater eingeplant sind.
Heiko Büscher unterstrich, dass die bisherigen Mieter bei den Planungen mitgedacht worden seien. Allerdings sei noch unklar, wo auf dem Gelände Technik- und Henschelmuseum und auch die Skatehalle ansässig sein sollen. Das sei von den jeweiligen Städtebaulichen Entwürfen abhängig. Ewald Griesel vom Technikmuseum äußerte, dass man Exponate in Originalgröße ausstelle und dann beispielsweise mit Blick auf die Henschelloks eine entsprechende Fläche benötige.
Sowohl Technik- und Henschelmuseum als auch der Skateverein Mr. Wilson machten deutlich, dass sie sich mehr Dialog mit dem Investor wünschen würden und nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden wollen. Auch dürfe die Übergangszeit nicht zu lang werden, da es für die Einrichtungen sonst finanziell schwierig werden würde. Der Mietpreis sei vom Investor ohnehin schon angehoben worden. Ein Mitglied des Künstlernetzwerks Hammerschmiede wies darauf hin, in dem Entwurf stehe, dass Kunst und Kultur bestehen bleiben sollen, wenn wirtschaftlich tragbar. Dies bereite ihnen Sorge.
Was sagt der Eigentümer zu den Kritikpunkten?
Markus Vogel vom entwickelnden Büro Dr. Vogel macht auf Anfrage nochmal deutlich: „Wir stellen im Grunde nur die Räumlichkeiten auf dem Henschelgelände zur Verfügung.“ Für die Finanzierung der Museen und der Skatehalle sei im Grunde nicht der Investor und Entwickler des Geländes verantwortlich. Natürlich würden die Kosten eben auch für die Mieter steigen, wenn die Hallen irgendwann saniert seien. Der Betrag, der gerade gezahlt werde, sei im Grunde „’n Appel und ’n Ei“.
Die Finanzierung müsse eben durch Fördermöglichkeiten oder auch eine Absicherung der Museen durch die Stadt Kassel erfolgen. Bei der stärkeren gewerblichen Nutzung blicke man auf Mittelstand, Handwerk und Industrie. Das sei der Bereich, in dem gerade Flächen gebraucht würden. Mit Blick darauf seien die Flächen bisher schlecht genutzt, so Vogel.
Wie sieht es mit Blick auf den Denkmalschutz der Henschelhallen aus?
Der Vorteil sei, dass in dem Städtebaulichen Wettbewerb und eben auch in dem Aufstellungsbeschluss des Bebauungsplans schon alle Themen mit Blick auf den Denkmalschutz mitgedacht seien. „Das Gute ist, dass wir uns dann darüber keine Gedanken mehr machen müssen“, so Vogel.
Zu welchem Ergebnis kam der Ortsbeirat abschließend?
In einem Beschluss wurde von den Ortsbeiratsmitgliedern festgehalten, dass man sich dafür einsetzen wolle, dass sowohl Kunst und Kultur, als auch die Wohnbebauung bei den Plänen des Investors den Raum bekommen, der ursprünglich mal vorgesehen war. „Auf jeden Fall wollen wir kein zweites Salzmann-Gelände“, sagte Ortsvorsteher Hans Roth. (Kathrin Meyer)
Quelle: HNA vom 16.09.2024, JBG-Research.