Die Stadt Kassel wird das Gebäude des Öl- und Gasförderers Wintershall kaufen, um dort ein Technisches Rathaus unterzubringen. An dem fast 40 Millionen Euro teuren Kauf gibt es aber auch Kritik.
Kassel – Nun ist es beschlossene Sache: Die Stadt Kassel wird das Wintershallgebäude und die umliegenden Liegenschaften im Umfeld der Friedrich-Ebert-Straße kaufen. Das hat die Stadtverordnetenversammlung nach HNA-Informationen in ihrer Sitzung am Montag (24. Februar) beschlossen. Das Thema wurde nicht öffentlich behandelt. Der Vertrag soll demnach in Kürze unterschrieben werden, damit die Planungen für die künftige Nutzung vorangetrieben werden können. Insgesamt soll der Kaufpreis inklusive diverser Gebühren bei annähernd 40 Millionen Euro liegen. Nach der Abwicklung von Wintershall Dea im vergangenen Jahr war immer wieder darüber spekuliert worden, was aus der Immobilie geschieht. Nun herrscht Klarheit.
In dem Gebäude soll künftig das Technische Rathaus unterkommen. Das plant die Stadt schon seit Längerem. Zuletzt war allerdings angedacht, dies in der ehemaligen Sparkassenimmobilie in der Wolfsschlucht unterzubringen. Nun also soll das Vorhaben im Vorderen Westen realisiert werden. Das Ziel: alle technischen Ämter, unter anderem Stadtplanung, Bauaufsicht und Denkmalschutz, Hochbau und Gebäudebewirtschaftung sowie Straßenverkehrs- und Tiefbauamt, unter einem Dach zu vereinen. Derzeit gibt es dafür noch mehrere Standorte in der Stadt.
City-Kaufleute: „Wir sind der Auffassung, dass der Kauf der Immobilie ein Fehler ist“
Bereits im Oktober soll die Verwaltung nach Informationen der HNA in das Wintershallgebäude einziehen. Wie viele Beschäftigte am Ende dort tätig sein werden, steht noch nicht fest. Für Wintershall Dea hatten zuletzt 500 Menschen dort gearbeitet – 200 weniger als zu den Hochzeiten. Eröffnet wurde das Gebäude im Jahr 1957. Insgesamt besteht der Gebäudekomplex aus sechs Baukörpern mit einer Nutzfläche von mehr als 20.000 Quadratmetern. Daneben wird die Stadt zwei weitere Flächen im Umfeld des Gebäudes erwerben.
Die Entwicklung stößt nicht nur auf Zustimmung. Kritik kommt von den City-Kaufleuten. „Wir sind der Auffassung, dass der Kauf der Immobilie ein Fehler ist“, sagt mit Alexander Wild deren Vorsitzender. Er hätte das Technische Rathaus lieber im ehemaligen Sparkassengebäude gesehen. Nun wird es die Arbeitsplätze im Vorderen Westen geben. Zudem, so Wild, würden weniger Menschen die Innenstadt besuchen, stattdessen aber einen dezentralen Standort ansteuern. Wild: „Es ist ein weiterer Schritt, die City zu schwächen – und das in wirklich schweren Zeiten für unsere Innenstadt.“
Oberbürgermeister Sven Schoeller sagte dazu auf Anfrage der HNA: „Die Stadt teilt das Ziel einer belebten und lebendigen Innenstadt. Sie ist daher ebenso wie die City-Kaufleute an einer vollumfänglichen Auslastung und Nutzung des Sparkassengebäudes interessiert. Auch wenn der Kaufvertrag mit Wintershall noch nicht unterzeichnet ist, sind wir bereits in intensiven Planungen und Gespräch zur Zukunft des Sparkassengebäudes. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir hier auch eine für die Innenstadtentwicklung überzeugende Lösung finden werden.“
Kassel kauft Wintershall-Gebäude – OB Schoeller: „Die Stadt teilt das Ziel einer belebten und lebendigen Innenstadt“
Schoeller hatte gemeinsam mit der für die technischen Ämter zuständigen Stadtklimarätin Simone Fedderke (beide Grüne) und Kämmerer Matthias Nölke (FDP) den städtischen Gremien einen entsprechenden Beschluss zu Wintershall vorgeschlagen. Vor allem Nölke soll intern für den Kauf geworben haben. Im Grundstücksausschuss hatte die Linke zuletzt gegen den Erwerb gestimmt, die SPD enthielt sich. In der Stadtverordnetenversammlung sollen die Sozialdemokraten nun aber dafür votiert haben – nachdem einige für sie offene Fragen geklärt worden waren. „Wir tragen eine künftige Nutzung des Wintershallgebäudes für städtische Zwecke letztendlich zwar mit, das Vorgehen des Magistrats bleibt in der Sache jedoch äußerst fragwürdig und intransparent und bedeutet zugleich die Ausstellung eines Blankoschecks“, erklärte Wolfgang Decker.
Der SPD-Stadtverordnete machte für seine Fraktion aber auch klar: „Mit unserer Haltung, die wir auch im Sinne der betroffenen Beschäftigen einnehmen, stellen wir allerdings wohl oder übel auch einen Blankoscheck bezüglich des ursprünglich als Technisches Rathaus vorgesehenen Sparkassengebäudes aus, von dem zurzeit noch niemand weiß, welcher künftigen Nutzung das Gebäude in der Wolfsschlucht überhaupt zugeführt werden soll und welche weiteren Kosten dabei noch auf die Stadt zukommen werden. Genau deshalb werden wir das Vorhaben aufmerksam begleiten.“ (Florian Hagemann)
Der Kaufpreis der ehemaligen Winterhall Hauptverwaltung wurde mit 40 Mio Euro angegeben. Die ursprünglichen Kaufpreisvorstellungen lagen bei Euro 60 Mio.
HNA vom 01.03.2025, JBG-Research.